„Neue Wege NRW. Beruflicher (Wieder-)Einstieg mit System“ heißt dieses Konzept, an dem sich (zurzeit) 12 Regionen in NRW beteiligen – darunter seit 2015 der Ennepe-Ruhr-Kreis. In diesen Regionen haben die Akteur/-innen erkannt, dass es nicht reicht, Mütter (oder Väter) rechtzeitig zu Beratungsveranstaltungen ins Jobcenter einzuladen. Die Gründe sind banal und verständlich: Solange sich Eltern noch in der „erlaubten“ Auszeit befinden (bei arbeitslos/arbeitssuchend gemeldeten Eltern bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des jüngsten Kindes) ist die Bereitschaft, sich mit den künftigen Vereinbarkeits-Anforderungen auseinanderzusetzen, oft nicht sehr groß. Viele wissen aus Gesprächen mit Freund/-innen oder Familienangehörigen, wie schwer es trotz Kinderbetreuung sein kann, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Andere scheuen sich angesichts einer Vielzahl von „Baustellen“ (kein Schulabschluss, Schulden, etc.) davor, diese genauer anzupacken – solange es nicht unbedingt sein muss.
Und wieder andere sind schlicht überfordert, weil sie vielleicht bei Bewerbungsgesprächen gemerkt haben, dass für den einen oder anderen Job weder die Kinderbetreuung ausreicht noch die Qualifikation – aber sie wissen nicht, wo sie zuerst „anpacken“ sollen und wer sie wobei wie unterstützen kann.

Erste Gespräche beim Kitafest

Im Fachvokabular werden die Grundideen von „Neue Wege“ so beschrieben: systematische Verknüpfung von arbeitsmarkt- und jugendhilfebezogenen Dienstleistungen; Transparenz schaffen, Geh- statt Komm-Struktur, Zugänge erleichtern.
In der Praxis beginnen Neue Wege zum Beispiel so: beim Kitafest einen Stand machen, mit Müttern und Vätern ins Gespräch kommen oder zum Elterncafe einladen und dort als Beraterin oder Lotse zur Verfügung stehen. Und dann im Gespräch bleiben.
Wichtigste Kooperationspartner/innen sind Familienzentren und Kitas. Dort sind für den Ennepe-Ruhr-Kreis bislang Elterncafes an zwei Standorten gestartet. In einer nächsten Stufe können ausgewählte Kitas und Familienzentren Elternkurse „buchen“. Und wer keine Kita mit Elterncafe in der Nähe hat, kann dennoch in den Neue-Wege-Kitas/Familienzentren das Elterncafe besuchen – und wird in der „eigenen“ Kinderbetreuungs-Einrichtung mit Flyern auf dieses Angebot hingewiesen.

Wie ich es geschafft habe – mit „Vorbildern“ reden

Bewährt hat sich in einem anderen Projekt (Teilzeitausbildung), Mütter einzubeziehen, die über ihren eigenen (Rück-)Weg in Arbeit berichten. Die erzählen jetzt im Elterncafe, wie sie mit Kind einen Schulabschluss nachgemacht oder eine Ausbildung (zum Beispiel in Teilzeit) begonnen haben oder sich mit anderen Müttern solidarische Netzwerke aufbauen. Auch das ist ein Ziel: die Kita oder das Familienzentrum nutzen als Ort der Vernetzung mit anderen Eltern – auch für die erwartbaren Lücken der künftigen Vereinbarkeitsorganisation.
Wenn das Konzept von Neue Wege aufgeht, dann erleben Eltern dort die „arbeitsmarkt- und jugendhilfebezogenen“ Dienstleister/-innen nicht als Repräsentant/-innen anonymer Bürokratien, die selten miteinander gut kommunizieren - sondern als zugewandte Gesprächspartner/-innen, die gut vernetzt sind. Die zum Beispiel ganz praktisch helfen können, eine Bewerbung gut zu formulieren oder sogar bei heiklen Fragen zur Seite stehen: zum Beispiel in Situationen extremer Überforderung, in denen die Aussicht auf einen Job weniger als Chance denn als Bedrohung erlebt wird.

Es sind eben nicht nur die Ratsuchenden, die auf Neue Wege „geschickt“ werden, sondern auch die Fachleute, die ausgetretene Pfade verlassen.

 

 

Ihre Nachfragen zum Thema Neue Wege in den Beruf richten Sie bitte an:

Sabine Neuhaus
s.neuhaus(AT)en-kreis.de


Christel Hofschröer
christel.hofschroeer(AT)stadtgevelsberg.de