Pionierinnen und Pioniere wissen längst: Teilzeitausbildung ist ein gutes Angebot, um motivierte Mitarbeiter/-innen auszubilden. In fast allen Branchen und Abteilungen kann so nicht nur dem Fachkräftemangel begegnet werden. Es lassen sich mit diesem Modell Mitarbeiter/-innen finden, ausbilden und binden, die ein großer Gewinn für ein Unternehmen sind. Wer zum Beispiel für die Betreuung seiner älteren Kundschaft Fachkräfte mit Lebenserfahrung sucht oder weiß, dass Berufsumsteiger/-innen viele Kenntnisse aus ihrer Erstausbildung mitbringen, wird mit Motivation und Loyalität belohnt. Im Ennepe-Ruhr-Kreis repräsentieren die bisherigen Absolvent/-innen ein großes Spektrum an Qualifikationen und Erfahrung. Sie sind zwischen Mitte 20 bis Ende 40, haben oft gute Schulabschlüsse und nicht selten schon einige Jahre in einem Erstberuf gearbeitet.

Bedenken – zu recht?

Nicht nur im Ennepe-Ruhr-Kreis ist die Zahl derjenigen, die sich für einen Teilzeitausbildungsplatz interessieren, weitaus höher als die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze. Das liegt nur zum Teil an fehlenden Informationen über die gesetzlichen Regelungen, sondern oft an Vorbehalten: Was, wenn die Kinderbetreuung ausfällt? Wie belastbar sind die Auszubildenden, die Arbeiten, Lernen und die Versorgung von Kindern oder alten Eltern unter einen Hut bringen müssen?
Denjenigen, die skeptisch sind, sei gesagt: Es kommt auf gute Vorbereitung und gute Beratung der Interessierten an. Denn Teilzeit-Auszubildende brauchen nicht nur die jeweils passende Bildungsvoraussetzung, sondern für die eigentliche Ausbildungszeit ein hohes Maß an Vorbereitung, Reflexion und Organisationstalent. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, muss in einem guten Beratungsgespräch geklärt werden, eine weitere Begleitung kann anschließend die Bewerber/-innen in der Anfangsphase unterstützen.
Das Gleiche gilt auch für den passenden Ausbildungsbetrieb: Gut informiert, gut organisiert und gut motiviert sollten die Arbeitgeber/-innen sein, damit sie wissen, worauf sie sich einlassen und warum. Tatsache ist: Nur in wenigen Branchen sind Teilzeitausbildungsplätze wirklich schwer umzusetzen – z.B. im Handwerk mit Montagereisen oder bei extrem familienfeindlichen Arbeitszeitregelungen. Und auch wenn Büroarbeitsplätze Vorteile haben: Auch eine angehende Bestatterin ist bei den Teilzeit-Azubis im Ennepe-Ruhr-Kreis dabei und inzwischen in ihrem Beruf tätig!

Die Vorteile in Kürze

Für Auszubildende mit Familienpflichten ermöglicht die Teilzeitberufsausbildung einen – sonst oft lange versperrten - Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Sie verbessert (perspektivisch) die Möglichkeit zu finanzieller Unabhängigkeit und Selbstverantwortung und einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Unternehmen profitieren von höherem Verantwortungsbewusstsein und Motivation der Auszubildenden. Bei bestehenden Ausbildungsverhältnissen, die wegen Elternzeit unterbrochen werden müssen, sind betriebliche Investitionen nicht verloren, da sie in Teilzeit beendet werden können. Durch die familiäre Bindung neigen ausgelernte Auszubildende weniger zum Standortwechsel und Familienfreundlichkeit von Unternehmen spricht sich herum. Sie ist ein klarer Standortvorteil, denn ein Zuwachs an gut ausgebildeten Fachkräften stärkt die Wirtschaft und wirkt dem zu erwartenden Fachkräftemangel entgegen.

Da geht noch mehr!

Das Netzwerk W kooperiert mit dem Bündnis Teilzeitausbildung im Ennepe-Ruhr-Kreis. Zu dem gehören die SIHK zu Hagen, die Handwerkskammer Dortmund, Arbeitsagentur und Jobcenter der Region, der Ennepe-Ruhr-Kreis, Gleichstellungsbeauftragte sowie Träger der Berufsorientierung. Zweimal im Jahr informieren sie im Kreisgebiet in einem Infofrühstück über die Möglichkeiten der Teilzeitberufsausbildung. Im konkreten Einzelfall kommt eine individuelle Beratung über die gesetzlichen Regelungen, über Beihilfen und andere Angebote hinzu. Eine gute Beratung und Begleitung ist die beste Prophylaxe gegen Überforderung oder Abbruch. Denn nur gute Beispiele können langfristig auch die Skeptiker/-innen überzeugen. Darum werden zu den Info-Frühstücken auch diejenigen eingeladen, die bereits die ersten Schritte in einer Teilzeitausbildung gegangen sind. Sie können authentisch auch scheinbar banale Alltagsfragen beantworten.
Noch viel Kreativität und Beharrlichkeit ist nötig im Bündnis Teilzeitausbildung, denn die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in Teilzeit ist auch 11 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes weitaus größer als das Angebot. Ein großer Durchbruch wäre schon dann erreicht, wenn bei jeder Ausschreibung für einen Ausbildungsplatz der Hinweis auf eine mögliche Teilzeitvariante selbstverständlich dazu gehört.

 

 

 

Ihre Nachfragen zum Thema Teilzeitausbildung richten Sie bitte an:

Sandra Schäfer
sandra.schaefer(AT)hagen.ihk.de

... als Auszubildende/r
Um eine Ausbildung in Teilzeit machen zu können, müssen Sie ein begründetes Interesse zur Verkürzung der Ausbildung belegen. Dies ist in der Regel bei Auszubildenden der Fall, die erziehungsberechtigt sind - als Mütter oder Väter - oder eine/n nahe/n Angehörige/n (mit Pflegestufe) betreuen.

... als Arbeitgeber/in
Sie müssen bei der zugehörigen Kammer als Ausbildungsbetrieb verzeichnet sein und eine persönlich, fachlich und arbeitspädagogisch geeignete Person als Ausbilder/in bestimmen. Alle erforderlichen Ausbildungsinhalte müssen in komprimierter Form vermittelt werden. Der Ausbildungsplan für eine/n Teilzeitauszubildende/n muss also auf die verkürzte Zeit angepasst werden. Ansonsten bestehen keine Unterschiede zur Vollzeitausbildung.

Bisher schreiben nur wenige Betriebe Ausbildungsplätze direkt in Teilzeit aus. Daher sollten Sie sich ganz normal auf Vollzeit-Ausbildungsplätze bewerben und im Bewerbungsanschreiben darstellen, dass Sie Interesse an einer Teilzeitausbildung haben - und die Gründe nennen. Hat ein/e Bewerber/in als Person grundsätzlich Interesse bei einem Betrieb geweckt, sind dies gute Voraussetzungen, um im persönlichen Bewerbungsgespräch die Möglichkeit der Teilzeitausbildung zu erörtern. 

Erstens über die klassischen Wege: Veröffentlichung des Angebotes eines Ausbildungsplatzes in Teilzeit in der Presse, in sozialen Medien oder auf der eigenen Website. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit die kostenlosen Web-Angebote der IHK Lehrstellenbörse, des Lehrstellenradars des Handwerks oder der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit zu nutzen.
Ausbildungsstellensuchende werden vom Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit (Tel. 0800 4555520) vermittelt. Auch die Ansprechpartner/-innen des Bündnis Teilzeitausbildung Ennepe-Ruhr und die Mitarbeiter/-innen aus dem bundesweit geförderten Projekt "Passgenaue Besetzung" unterstützen bei der Suche nach geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern.

Verantwortungsbewusstsein und Motivation der Auszubildenden sind in der Regel stärker ausgeprägt.

Wenn ein bestehendes Ausbildungsverhältnis wegen Elternzeit unterbrochen werden muss, sind die betrieblichen Investitionen nicht verloren, da es in Teilzeit beendet werden kann. Ausgelernte Auszubildende neigen durch die familiäre Bindung weniger zum Ortswechsel (Standortbindung). Familienfreundlichkeit ist Ihr Wettbewerbsvorteil.
Da die monatliche Vergütung verringert werden kann, ist eine finanzielle Entlastung möglich.

Vereinbaren Sie gegebenenfalls ein Praktikum oder eine Arbeitserprobung, um sich von der Arbeitsleistung der Bewerberin oder des Bewerbers zu überzeugen. Die letzten Noten auf den Zeugnissen sind nicht aussagekräftig genug, da sie selten das Profil der Bewerberin/des Bewerbers widerspiegeln. Auch ein kurzer Einstellungstest kann sinnvoll sein.

Wägen Sie gemeinsam mit der Bewerberin oder dem Bewerber ab, ob es sinnvoll ist, eine Einstiegsqualifizierung der Ausbildung vorzuschalten. Dies ist ebenfalls in Teilzeit möglich. Informationen zur Einstiegsqualifizierung erhalten Sie bei der Agentur für Arbeit. Diese Einstiegsmöglichkeit in die Ausbildung ist für Sie als Betrieb kostenfrei.

Fragen Sie nach Kinderbetreuungsalternativen während etwaiger Krankheitszeiten der Kinder. Informieren Sie sich bei einer Krankenkasse über Kinderkrankentage und die Zahlung von Krankengeld.

Stimmen Sie die Arbeitszeiten, beziehungsweise das Arbeitszeitmodell (Wochenarbeitszeitkonto, Gleitzeit etc.), mit der/dem Auszubildenden im Hinblick auf die Kinderbetreuungsmöglichkeiten ab. Hier berät Sie die Fachkraft der zuständigen Kammer.

Besprechen Sie mögliche Urlaubszeiten, Betriebsferien und Ferienzeiten sowie Zeiten überbetrieblicher Ausbildung oder unternehmensinterner Lehrgänge. Die Fachkräfte der Kammern können hier im Vorfeld der Ausbildung beraten.

Berechnen Sie gegebenenfalls die Verringerung der Ausbildungsvergütung entsprechend der wöchentlich reduzierten Arbeitszeit.

Füllen Sie den Ausbildungsvertrag gemäß den getroffenen Rahmenbedingungen aus. Tragen Sie einen Hinweis auf Teilzeitausbildung ein (im IHK-Vertrag unter Punkt H und im Handwerkskammer-Vertrag unter § 11).

Melden Sie Ihre/n Auszubildende/n rechtzeitig bei der Berufsschule an und informieren Sie die Berufsschule darüber, dass die Ausbildung in Teilzeit stattfindet.

Melden Sie Ihre Auszubildende oder Ihren Auszubildenden bei der Krankenkasse an.

Klären Sie im Gespräch die finanzielle Situation der/des Auszubildenden. Eventuell kann sie/er einen Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) stellen. Wichtige Voraussetzung: Der/die Betroffene hat eine eigene Wohnung! Unterstützen Sie beim Ausfüllen des Antrags oder haken Sie diesbezüglich nach. Den Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe erhalten Auszubildende bei der Agentur für Arbeit.

Informieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Bedingungen der Teilzeitausbildung.

Im dualen System gilt: Die Ausbildungszeit reduziert sich auf täglich sechs beziehungsweise wöchentlich 25-30 Stunden (ca. 75%). Wenn Sie mehr Stunden reduzieren möchten, verlängert sich die Ausbildungsdauer.
Die Vertragspartner/innen sprechen sich ab, zu welchen Zeiten die betrieblichen Ausbildungszeiten geleistet werden (Vormittag, Abend, Wochenende). Flexibilität kann durch die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos erreicht werden. Die möglichen Arbeitszeiten sollten in jedem Fall frühzeitig mit Ihnen abgesprochen und gegebenenfalls in einem Vertragszusatz geregelt werden.

Der Berufsschulbesuch erfolgt in jedem Fall in vollem Umfang.

Vergütung: Der Ausbildungsbetrieb darf bei einer Reduzierung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit die Ausbildungsvergütung kürzen. Die Höhe der Ausbildungsvergütung kann dem Stundenumfang angepasst werden. Es kann aber auch eine ungekürzte Ausbildungsvergütung gezahlt werden.

Grundsätzlich dürften Sie die Ausbildungsvergütung bei einer Reduzierung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit kürzen. Es kann - und dies machen auch viele Ausbildungsbetriebe - aber auch eine ungekürzte Ausbildungsvergütung gezahlt werden.

Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten wie BaföG (schulische Ausbildung) und Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für betriebliche Ausbildungen gelten auch für Teilzeitausbildungen. Wichtig ist, dass ggf. der Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) gestellt wird - wichtige Voraussetzung: Der/die Betroffene hat eine eigene Wohnung.

Es gibt keine besonderen Fördermöglichkeiten für die Teilzeitausbildung.

Für Menschen mit Behinderung, die eine Teilzeitausbildung machen (§73 SGBIII), gibt es die Möglichkeit von Zuschüssen zur Ausbildungsvergütung.

Zusatzvereinbarungen, in denen genaue Arbeitszeiten definiert werden, sind ergänzend zum Ausbildungsvertrag möglich, müssen aber schriftlich fixiert werden. Eine flexible Arbeitszeitgestaltung wird durch solche Vereinbarungen allerdings sehr eingeschränkt. Darum sollte im Vorfeld genau überlegt werden, ob dies sinnvoll ist.

Absprachen für andere Zeitfenster - zum Beispiel wegen Öffnungszeiten einer Kita - sollten frühzeitig mit dem Arbeitgeber und der Berufsschule getroffen werden. Arbeitgeber und Berufsschulen sind grundsätzlich bereit, bei gut begründbaren geringfügigen Verspätungen eine Lösung zu finden. Abweichungen von Arbeits- und Unterrichtszeiten sollten aber nicht die Regel sein.

Müssen Beschäftigte aufgrund einer Erkrankung ihres Kindes der Arbeit fern bleiben, wird in der Regel für diese Zeit kein Arbeitsentgelt gezahlt. Damit Sie Ihre Kinder ohne größere finanzielle Einbußen versorgen können, besteht für diesen Zeitraum ein Anspruch auf das sogenannte "Kinderkrankengeld". Sie erhalten dafür eine (blaue) Bescheinigung des Kinderarztes/der Kinderärztin, mit der die Erkrankung des Kindes bestätigt wird. Sie füllen die Rückseite der ärztlichen Bescheinigung aus und reichen eine Ausfertigung bei Ihrer Krankenkasse ein. Mit der zweiten melden Sie sich beim Betrieb krank.

Voraussetzung hierfür ist: Das Kind ist unter zwölf Jahre alt und muss laut ärztlichem Attest gepflegt werden. Die Pflege muss durch ein erwerbstätiges Elternteil erfolgen, das darum seiner Arbeit nicht nachgehen kann. Außerdem kann keine andere im Haushalt lebende Person die Betreuung und Pflege übernehmen.

Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes wird für jedes gesetzlich versicherte Kind für bis zu 10 Arbeitstage im Jahr (für Alleinerziehende bis zu 20 Arbeitstage) gezahlt. Insgesamt ist der Anspruch pro Kalenderjahr auf 25 Arbeitstage, für Alleinerziehende auf 50 Arbeitstage begrenzt. Der Anspruch auf Krankengeld ruht bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts.

Nein. Die Abschlussprüfung wird genauso abgelegt wie bei einer Ausbildung in Vollzeit. Alle Ausbildungsinhalte, die während der Ausbildung aus Zeitgründen nur stark komprimiert vermittelt werden konnten, müssen in Eigenregie beziehungsweise mit Unterstützung des Ausbildungsbetriebes aufgearbeitet werden. Die Prüfungen sind in der von den Kammern vorgegebenen Zeiten zu absolvieren. Dabei wird keine Rücksicht auf die Kinderbetreuung genommen.

Jede/r Auszubildende hat Anspruch auf Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) wenn der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung gefährdet ist. Gründe können schlechte Noten in prüfungsrelevanten Fächern, persönliche Probleme oder Probleme im Betrieb sein. Die Hilfen werden von der Agentur für Arbeit genehmigt und zum Beispiel von der VHS oder einem anderen Qualifikationsträger durchgeführt.

Folgende Unterlagen sind für eine Anmeldung nötig:

  • Ausbildungs- oder Einstiegsqualifizierungs-Vertrag
  • das aktuelle Berufsschulzeugnis
  • das Abschluss-Zeugnis der letzten Schule
  • ein Lebenslauf

Beratung dazu gibt es bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit oder im Jobcenter.

Beim Qualifikationsträger: Eine duale Ausbildung in einem „außerbetrieblichen Kontext“ (Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung / BaE) wird durch die Agentur für Arbeit gefördert und kann als Teilzeitausbildung vereinbart werden. Ansprechpartner/in hierfür ist die Agentur für Arbeit und der Bildungsträger.

An einer Fachschule: Im Gegensatz zur dualen Berufsausbildung werden die (fach)schulischen Ausbildungen in staatlichen oder staatlich anerkannten Einrichtungen durchgeführt. Die theoretischen wie auch praktischen Ausbildungsinhalte müssen in der vorgeschriebenen Stundenzahl vermittelt werden. Eine grundsätzliche Verkürzung ist nicht möglich. Wenn eine schulische Berufsausbildung von einer Fachschule in Teilzeit angeboten wird, hat dies automatisch eine Verlängerung der Ausbildungsdauer zur Folge. Ein gesetzlicher Anspruch auf einen schulischen Ausbildungsplatz in Teilzeit für Menschen mit Erziehungs- und Betreuungsverantwortung existiert daher leider nicht.